Hyposensibilisierung ja oder nein?

 

Diese Geschichte spielt im Sommer  2013.
Meine kleine Tochter war gerade mal eineinhalb Jahre alt und meine große Tochter war dreieinhalb Jahre alt.

Da es ein schöner Sommertag war, beschloss ich mit meinen zwei Mädels zu einem Naturspielplatz zu fahren, der etwas weiter weg war, dafür ist es aber wirklich schöner Abenteuerspielplatz mit vielen natürlichen Spielgeräten.
Ich hatte uns ein kleines Picknick für mittags mitgenommen, da mir klar war, dass meine Zwei von dort nicht schnell wieder nach Hause wollten.

Als es gegen Mittag ging und wir das Picknick verspeisten, achtete ich natürlich darauf, dass keine Wespe meinen Kindern zu nahe kommt. Aber wie das so mit uns Mamas ist, achten wir zu oft auf die Kinder und zu wenig auf uns selbst.
Natürlich stach mich so eine kleine Wespe. Es tat nicht mal besonders weh und dank der Kühlakkus aus meiner Kühltasche, konnte ich den Stich auch gut kühlen.

Einige Zeit später musste ich auf Toilette. Leider war hier weit und breit keine.
Ich beschloss mich kurz hinter einen Busch „zu verziehen“. Beim Herunterziehen meiner kurzen Hose stellte ich an meinen Beinen, dort wo sich der Stoff befunden hatte, fest, dass meine Haut mit roten Quaddeln bedeckt war. Als ich unter meinem T-Shirt nachsah, erblickte ich dort das gleiche Bild. Aber es war wirklich nur da, wo meine Haut mit Stoff bedeckt war. An den Armen oder Beinen, die an der freien Luft waren, war nichts zu sehen.

Ich beeilte mich zu meinen zwei Mädels zurück zu kehren.
Bereits hier merkte ich, dass mir leicht schwindelig wurde.

Mein großes Glück

Zu meinem Glück kam genau zu dem Zeitpunkt eine junge Familie auf den Spielplatz. Ich unterhielt mich ganz kurz mit Ihnen und hielt mich bereits nach ein paar Sätzen an einer Bank fest, weil mir wieder schwindelig war.

Der Vater fragte mich, was los sei. Ich erklärte kurz, dass ich „Quaddeln“ festgestellt hatte.
Er zögerte keine Sekunde lang und lud mich sofort in sein Auto ein.
Seine Frau versicherte mir, dass sie sich um meine Kinder kümmern würde.
Mein Hirn war in diesem Moment wie leergefegt. Ich konnte nicht mehr denken.
Normalerweise würde ich niemals meine Kinder in der Obhut von fremden Personen lassen.

Der Vater brachte mich zur nächstgelegen Arztpraxis, bei der zum Glück die Ärztin trotz Mittagspause noch anwesend war. Dort legte man mir sofort einen Tropf. Ich hatte wohl einen Kreislaufkollaps und einen allergischen Schock erlitten.
Im Nachhinein ist alles gut ausgegangen und ich bin dieser Familie immer noch zu unendlichem Dank verpflichtet.

Jetzt wirst du dich sicherlich fragen, warum ich nicht per Handy den Notruf abgesetzt hatte?
Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich hatte die ganze Zeit über nicht das Gefühl, dass es so schlimm sein könnte. Ich habe mich selbst nicht in Gefahr gesehen. Außerdem war ich scheinbar nicht mehr in der Lage klar zu denken.

Die Feststellung einer Allergie

Anschließend musste ich natürlich zu einem Allergologen. Dort wurde eine starke Wespenallergie und eine mittelschwere Bienenallergie festgestellt. Ich wurde in meinem Leben schon öfters von Wespen gestochen und hatte zuvor noch nie eine Allergie auf diese Tierchen.
Ich habe zwar schon lange eine Allergie auf rohes Kernobst, aber eben vorher nicht auf Wespen. Diese Allergie scheint sich neu gebildet zu haben. Deswegen war ich mir dessen auch nicht bewusst.

Nach Feststellen der Allergie bekam ich ein sogenanntes Notfallset. Das sind Notfallmedikamente, die ich im Fall einer erneuten allergischen Reaktion nehmen sollte, bzw. mir jemand geben sollte.
Deswegen ist es sinnvoll mit einem Stift die Dosierung auf die Verpackung zu schreiben, so dass auch eine fremde Person sofort erkennen kann, wie sie die Medikamente zu verabreichen hat.
Natürlich soll man diese Notfallmedikamente immer dabei haben.
Das hat mir dann eine neue Handtasche beschert, in der diese Medikamente auch noch Platz finden.

Der Allergologe riet mir dringend zu einer Hyposensibilisierung.
Zunächst entschied ich mich gegen eine Hyposensibilisierung. Ganz einfach aus dem Grund, dass man hier für den Beginn einen stationären Aufenthalt für eine Woche in einer Klinik machen muss. Ich konnte mir einen einwöchigen Klinikaufenthalt ohne meine Kinder einfach nicht vorstellen.

Was alles hätte passieren können

Diese Frage verfolgte mich seit jenem Tag am Spielplatz. Wenn ich zusammengebrochen wäre, wären meine Kinder an diesem Naturspielplatz völlig allein und hilflos gewesen. Sie waren ja noch nicht in dem Alter, in dem sie per Handy Hilfe hätten holen können.

Ich mag mir gar nicht ausmalen, welchen Schock sie erlitten hätten. Bestimmt war dieser Tag schon erschreckend genug für sie und ich bin wirklich froh, dass sich die andere fremde Mutter rührend um sie gekümmert hat und versucht hat ihnen die Angst zu nehmen.
Seit diesem Tag bin ich jedesmal, wenn eine Wespe nur halbwegs in meine Nähe kam, leicht panisch geworden und habe möglichst schnell das Weite gesucht.

Da diese Frage mich nicht losgelassen hat, habe ich mich dann zwei Jahre später doch zu einer Hyposensibilisierung entschieden. Mittlerweile waren meine zwei Mädels etwas älter und ich hatte mich lange genug mit dem Thema auseinandergesetzt.

Die Hyposensibilisierung

Ich musste die Hyposensibilisierung im Winter beginnen.
Nach einer Woche stationärem Klinikaufenthalt, bei dem die Dosis hochdosiert wurde, musste ich alle 4 Wochen zum Arzt und bekam das Wespengift gespritzt. Bei diesen Terminen muss man immer viel Zeit einplanen. Nach jeder Spritze musste ich immer noch eine Dreiviertelstunde im Wartezimmer sitzen, damit die Arztpraxis auch sicher sein konnte, dass ich keine allergische Reaktion zeigte. Manchmal war die Zeit im Wartezimmer lustig und ich hatte interessante Gespräche mit anderen Patienten, manchmal war sie aber auch wirklich einfach nervig, wenn das Wartezimmer überfüllt mit kranken Patienten war.

Nach einem Jahr der Hyposensibilisierung musste ich wieder für zwei Tage stationär ins Klinikum.
Hier wurde eine Lebendstichprobe gemacht, um zu sehen, wie ich mittlerweile auf einen „echten“ Wespenstich reagieren würde.
Das war nicht sehr angenehm. Die Wespe wurde mir mit einem Kescher auf meinen Oberarm gesetzt, damit sie nicht wegfliegen konnte. Nachdem die Wespe mich nicht stechen wollte, wurde sie solange von der behandelnden Ärztin mit der Pinzette geärgert, bis sie endlich zustach.
Obwohl ich seit dem Tag am Spielplatz nicht gut auf Wespen zu sprechen war, tat mir das Tier leid.

Mir wurde erklärt, dass diese Wespen, die für die Lebendstichprobe verwendet werden, extra gezüchtet werden.
Danach malte ich mir am Abend in meinem Krankenhausbett aus, wie diese ganzen Tierchen, gegen die man eine Allergie haben konnte, in dem Krankenhauskeller gezüchtet werden.
Natürlich schlief ich nicht eine Sekunde dort in dem Krankenhaus und sah mich auch sonst ganz genau auf den Krankenhausfluren um, falls doch so ein Tierchen entkommen sein sollte.

Nachdem diese Lebendstichprobe für mich gut und für die Wespe schlecht ausging, musste ich anschließend nur noch alle 6-8 Wochen zum spritzen.
Dies war eine kleine Erleichterung für mich. Musste man doch vorher schon immer genau planen, wann man in den Urlaub fährt oder wenn man krank wurde, konnte auch nicht gespritzt werden, hier galt es dann immer möglichst schnell wieder fit zu werden, damit der Zeitraum nicht überschritten wird. Ansonsten wäre ein Neuanfang nötig gewesen.

Fünf Jahre

Mittlerweile sind fünf Jahre vergangen, an denen ich regelmäßig gespritzt wurde.

Diese letzten fünf Jahre waren nicht immer einfach für mich und ich habe oft daran gedacht, dass Ganze einfach aufzuhören. Oft schwoll mein Arm nach der Spritze an wie bei Popeye. Mir wurde immer nahe gelegt, den jeweiligen Arm, in den gespritzt (es wird immer wechselweise in die Arme gespritzt) wurde nicht zu benutzen. Das geht natürlich auch immer ganz wunderbar mit zwei lebhaften Kindern.

Was mir dabei geholfen hat durchzuhalten? Immer wieder die Frage: was wäre damals mit mir und meinem Kindern passiert, wenn nicht diese junge Familie aufgetaucht wäre?

Vor zwei Wochen hatte ich nun endlich den abschließenden Arztttermin, wieder im Klinikum. Dort wurde noch ein sogenannter Pricktest gemacht, bei dem das Gift als Tropfen auf die Haut gegeben wird und diese mit einer Nadel eingestochen wird. Außerdem wurde noch ein Bluttest gemacht.

Tatsächlich bin ich jetzt nicht mehr auf Wespen allergisch und sehe dem kommenden Frühling mit herumschwirrenden Wespen gelassen entgegen.

Würdest Du wieder eine Hyposensibilisierung machen?

Auf die Frage, ob ich eine Hyposensibilisierung wieder machen würde, würde ich heute mit einem deutlichen „JA“ antworten, auch wenn die Zeit nicht immer einfach war. Dennoch würde ich persönlich für mich sagen, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat und ich nun wieder ohne Panik vor Wespen mit meinen Kindern draussen rumtoben kann.

Hast du auch schon Erfahrungen gemacht mit einer Hyposensibilisierung?

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