Die schönen Seiten des schlechten Jahres 2020

Ich beobachte, dass die Mehrheit der Menschen in meinem Umfeld das Jahr 2020 mit negativen Gefühlen betrachtet.

Und auch ich muss zugeben, dass es dank dem Corona Virus für uns ebenfalls viele dunkle Stunden gab.

Aber immer wenn es schlechte Zeiten gab, gab es auch etwas Gutes: die sprichwörtlichen zwei Seiten einer Medaille.

Gegen Ende dieses Jahres bin ich der Meinung, sollten wir ein Blick auf diese guten Dinge werfen, die uns widerfahren sind, trotz all dem Negativen in diesem Jahr, oder gerade deswegen.

Als ich mir selbst Gedanken über das Jahr 2020 gemacht habe, sind mir sofort Homeschooling, Kurzarbeit, Social Distancing, Krankheit, finanzielle Sorgen und vieles mehr eingefallen. Dir geht es wahrscheinlich ebenso.

Grund genug, um sich die positiven Dinge in Erinnerung zu rufen und ihnen mehr Raum zu geben. 

Zusammenhalt

Während dem Lockdown war der Zusammenhalt enorm. Natürlich kann ich hier auch nur wieder von uns und unserem Umfeld sprechen. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass es bei vielen so war. Auch in den Medien wurde immer wieder von tollen Aktionen berichtet, bei denen sich die Menschen gegenseitig unterstützten. Es wurden Plattformen gegründet, auf denen Ehrenamtliche und Freiwillige ihre Dienste für Einkaufstouren, Arztfahrten und weitere Hilfen angeboten haben. 

Vielleicht hast du schon mitbekommen, dass wir in der schönen Hallertau, einem riesigen Hopfenanabaugebiet wohnen. 

Gerade zum ersten Lockdown war es an der Zeit, dass der Hopfen angedreht werden musste. Meistens sieht man zu dieser Zeit, genauso wie bei der Hopfenernte oder beim Spargelstechen polnische oder tschechische Saisonarbeiter. Da diese aber auf Grund des Lockdowns nicht zu uns zum Arbeiten kommen konnten, halfen alle zusammen. Plötzlich waren hier ganze Familien auf den Feldern zu sehen, Studenten oder eben Menschen, die auf Grund der Corona Pandemie in Kurzarbeit waren. 

Wir haben ebenfalls unsere Hilfe angeboten, die wurde aber gar nicht benötigt, da sich bereits so viele Freiwillige gemeldet hatten. Und so haben wir uns andere Projekte gesucht oder zum Teil sogar selbst ins Leben gerufen, um unseren Mitmenschen zu helfen.

Ich kann mich noch gut an das warme Gefühl in meinem Bauch erinnern, als ich die Nachricht erhielt, dass unsere Hilfe auf den Feldern nicht mehr benötigt wird, weil bereits so viele Menschen helfen.

Und nein, das warme Gefühl in meinem Bauch war definitiv keine Erleichterung nicht auf dem Feld arbeiten zu müssen. Es war eine Mischung aus Solidarität und vor allem Stolz auf unsere Gesellschaft. 

Als ich selbst dazu aufrief, zu Ostern etwas für ein Altersheim zu basteln, damit die Senioren dort wenigstens ein bisschen Freude am Osterfest haben, wenn sie schon dort einsam abgeschnitten von ihren Liebsten „ausharren“ müssen, war die Hilfsbereitschaft enorm. Es haben sich etliche Familien beteiligt und wir konnten so insgesamt nicht nur ein Altersheim, sondern insgesamt 6 verschiedene Einrichtungen mit liebevoll gestalteten Dekorationen beliefern.

Auch hier hatte ich wieder das warme Gefühl in meinem Bauch und war wirklich überwältigt von dem großen Zusammenhalt.

Dies waren nur zwei Beispiele von Dutzenden, die ich erleben durfte. Und noch immer muss ich bei den Gedanken daran lächeln.

Entschleunigung

Generell hatte ich während dem Lockdown nicht das Gefühl, dass sich irgendwer „auf die faule Haut“ gelegt hat. Jeder hat überall mit angepackt.

Trotz all dieser Unterstützung die man geleistet hat, ist unsere Familie stark entschleunigt worden.

Wir sind gezwungenermaßen aus dem Hamsterrad des Alltagsstresses ausgebrochen.

Zunächst war es ungewohnt, da auch die feste Struktur fehlte. 

Mit der Zeit aber habe ich festgestellt, dass es uns als Familie unheimlich gut getan hat. Wir sind nicht mehr von Termin zu Termin gehetzt, sondern hatten Zeit für uns. Familienzeit. Wir sind noch enger zusammen gewachsen.

Auch heute noch überlege ich genauer, ob ein bestimmter Termin wirklich nötig ist, bzw. ob er es mir Wert ist, dafür meine Energie einzusetzen. Nicht nur wegen Corona und der Kontaktreduzierungen. Es tut mir und besonders meiner Seele gut, wenn ich meine Energien nicht in irgendwelche energiesaugenden Termine stecke.

Ich hoffe, dass ich mir das möglichst lange bewusst halten kann und nicht wieder in alte Muster zurückfalle.

Kreativität

Auch meine Kreativität hat sich während des Jahres 2020 gesteigert. Natürlich auch dank des Corona Lockdowns. Gleich zu Beginn habe ich angefangen Masken zu nähen und bis heute damit nicht aufgehört. Wenn ich weniger mit dem Kopf arbeite und mehr mit meinen Händen, kommen mir die besten Ideen. Viele von meinen Ideen konnte ich bereits umsetzen oder sie befinden sich in der Umsetzungsphase. Interessant für mich ist, dass je mehr ich kreativ arbeite, umso mehr kreative Ideen versammeln sich in meinem Kopf. Es ist so ähnlich wie bei einer Kohlesäureflasche, die stark geschüttelt wurde und nun hat man den Deckel geöffnet. Die Ideen sprudeln förmlich aus mir heraus. Manchmal tue ich mich etwas schwer damit, sie zu sortieren und Prioritäten zu setzen. 

Aber insgesamt bin ich deutlich entspannter und kann tatsächlich auch anderweitig konzentrierter arbeiten. Vielleicht hatte ich diese Seite in mir einfach zu lange und stark unterdrückt. Erst dadurch habe ich bewusst verstanden, dass diese Kreativität ein großer Teil von mir ist und ebenso ausgelebt werden will, damit ich mich im Einklang befinde. Ich mache nun nicht nur Dinge, die gemacht werden müssen, sondern auch welche, die mir einfach nur Spaß machen.

Verständnis, Freundschaft und Liebe

Besonders stolz war und bin ich auf meine Kinder. Sie haben so viel Verständnis gezeigt in diesem Jahr, wie noch nie zuvor. Wenn ihnen auf dem Gehweg ein älterer Mensch entgegenkommt und der Abstand nicht eingehalten werden kann, wechseln sie völlig selbstverständlich die Straßenseite. Auch das Tragen der Maske haben sie sofort akzeptiert. Lediglich als meine Große Sportunterricht mit Maske hatte, kam nach dem ersten Mal ein Schimpfen von ihr. Danach aber auch nicht mehr. 

Während dem Lockdown haben sie es verstanden, dass sie Oma und Opa, zu denen sie wirklich ein enges Verhältnis haben, erstmal nicht sehen können. Es ist ihnen schwer gefallen, aber sie sind nicht einmal ernsthaft auf die Idee gekommen, dass sie sie doch besuchen könnten.

Insgesamt glaube ich, dass das Bewusstsein für die Gesundheit und die Familie stark gewachsen ist. 

Auch Freundschaften stehen in einem anderen Licht: im Rampenlicht. Damit möchte ich nicht sagen, dass wir vorher Freundschaften als selbstverständlich betrachtet haben, aber in diesem Jahr haben sie deutlich mehr an Bedeutung gewonnen und einen viel höheren Stellenwert in unserem Leben bekommen.

Das schönste Erlebnis

Meinen ganz persönlichen Gänsehautmoment in diesem Jahr durfte ich erleben, als meine Kinder nach dem Lockdown das erste Mal wieder Oma und Opa sehen durften. 

Alle waren in diesem Moment von ihren Glücksgefühlen, sich endlich wieder in die Arme schließen zu können so überwältigt, dass auf allen Seiten viele und dicke Freudentränen geflossen sind. Selbst die Kinder konnten sich vor Freude nicht beruhigen und konnten lange nicht aufhören zu weinen.

In diesem Moment habe ich einfach nur tiefe, pure Liebe und Verbundenheit in ihrer reinsten Form gefühlt. Und das Ganze nicht nur einseitig von mir aus, sondern von allen Familienmitgliedern.

Diesen Moment und diese Erinnerung kann uns niemand mehr nehmen und ich bin immer noch sehr dankbar, dass ich das erleben durfte.

Natürlich sind noch weitere schöne Dinge in diesem Jahr passiert, auch wenn sie manchmal nur sehr klein waren.

Aber das Bewusstsein zu haben, dass es sie gab und sie sich in Erinnerung zu rufen, versöhnt mich mit diesem schlechten Jahr 2020. Es war nicht alles schlecht, man muss nur bereit sein, die guten Seiten zu sehen.

Zugegeben, auch ich war zeitweise sehr wütend in diesem Jahr 2020, wie ich dir in dem Beitrag: „Coronamama: so viel Wut im Bauch und tausend andere Gefühle!“ geschildert habe. Das bin ich übrigens auch jetzt noch hin und wieder und das ist auch o.k. so. 

Wichtig für mich ist nur, dass neben der Wut und dem Frust auch noch genügend Raum da ist um die guten Dinge wahrzunehmen und zu sehen.

Was waren deine schönsten Erkenntnisse und Erlebnisse in diesem Jahr 2020?

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